Triathlon im Corona Schlaraffenland Deutschland... und das Salz in der Suppe

von Tom, September 2020

 

Als ich im März Hals-über-Kopf aus dem Trainingslager in Lanzarote abgereist bin, war mein Ziel klar; Ansteckung und Quarantäne vermeiden. Das ich damals überhaupt noch gereist bin, war schon mehr als dumm; hatte ich mich in den Wochen davor schon intensiv mit Pandemie-Plänen bei der Lufthansa beschäftigt. Bei der Abreise aus Lanzarote bin ich davon ausgegangen, dass ein Lockdown in Deutschland ähnlich dem in Spanien oder Italien aussehen wird. Aber es kam anders und wir konnten – mit Ausnahme des Schwimmens – unseren wunderbaren Sport ohne großartige Einschränkungen ausüben. Alleine aus dem Grund möchte ich mit keinem anderen Land der Welt tauschen; die großartige medizinische Sicherstellung muss ich erst gar nicht erwähnen. Das Salz in der Suppe sind unsere Wettkämpfe. Fast jeder der viel trainiert, möchte auch das Wettkampfgefühl nicht missen. Aber bricht für uns – Altersklassenathleten -eine Welt zusammen, wenn Veranstaltungen mal ausfallen? Ich glaube nicht; viel schlimmer ist die Situation für die Veranstalter, die auf die finanziellen Einnahmen angewiesen sind, um uns „das Salz“ immerfort bereitzustellen. So haben sich einige Veranstalter durchaus kreativ gezeigt und virtuelle Rennen angeboten; so auch die WTC unter dem Ironman Label. Auch wenn es dabei noch viel Luft für Verbesserung gibt, so waren die Möglichkeiten doch gegeben, etwas Wettkampfluft zu schnuppern und sich selbst in einem neuen Modus kennenzulernen. Dass Ironman schon seit April eine virtuelle Plattform ins Leben gerufen hat, war mir bis Anfang Juni nicht bewusst. Daher entstand die Idee, meiner Teilnahme auch quasi erst drei Tage vor meinem ersten Rennen – kurz nach meinem geplanten Rennen beim IM 70.3 in Luxemburg. Das Format der VR Championchip Serie ist denkbar einfach:

1.Laufsplit 1 - GPS ‚getrackt‘

2.Radsplit, inform eines virtuellen Rennens auf der Plattform „Rouvy“

3.Laufsplit 2, GPS ‚getrackt‘;

Rahmenbedingungen: keine negativen Höhenmeter beim Laufen, die Radrolle muss den sogenannten ERG Modus unterstützen und alle drei Splits müssen innerhalb von 12 Stunden beendet werden. Easy also. Wer’s einfacher mag oder keine Rolle hat, kann auch an einem vereinfachten Format teilnehmen, erscheint dann aber auch in einer anderen Wertung.

Nachdem ich die Regeln verstanden hatte, habe ich mir über Komoot die Laufstrecken für beide Rennen, auf den Feldern hinter Widdersdorf, zurechtgelegt. Das erste Rennen am 20.09 war ein IM 70.3 Rennen bestehend aus: 5k Lauf @9 Uhr, 90k Rad auf dem IM Hawaii-Kurs @11 Uhr, 21k Lauf @18 Uhr. Das zweite Rennen am 28.09. war ein IM 5150 bestehend aus:3k Lauf @8 Uhr, 40k Rad auf dem IM Lake Placid-Kurs @11 Uhr, 10k Lauf @18 Uhr. Gemeldet waren bei beiden Rennen ca. 1500 Teilnehmer aus der ganzen Welt.

Die 70.3 Distanz war also quasi ein Kaltstart. Die 5k am Morgen lief ich in 20:50 Min. noch relativ entspannt, aber der Kona Kurs mit 800 Höhenmeter auf dem Rad verlangte doch einiges ab. Gut, auf der Rolle fällt der Wind weg, aber die Höhenmeter bleiben dennoch ‚in den Beinen‘. Vor dem Radsplit gab es noch reichlich Kohlenhydrate, sodass ich nach 2:32 Std. mit 210 Watt auch noch ein paar Körner für den Halbmarathon übrig hatte; zumindest war das der Plan. Der ging auch bis zur Hälfte auf; doch dann gab’s die erste Erkenntnis: der eigene Schweinehund ist wirklich ein Schweinehund. Ein Glück, dass Petra mich mit dem Radbegleitete und ich ausreichend Flüssigkeit zu mir nehmen konnte. Nur so hab ich nach 1:42Std. dann auch die virtuelle ‚Finishline‘ erreichen dürfen. In der Ergebnisliste war ich bis kurz vor Rennende sehr weit vorne. Doch kurz vorherkamen dann noch vier Teilnehmer, die ein klein wenig schneller waren. So stand am Ende ein guter 7. Platz (AK) in der Ergebnisliste.

Das zweite Rennen eine Woche später lief nach gleichem Muster ab. 3k Lauf in 11:52Min. und anschließend das 40k Radrennen bei 500 Höhenmeter auf dem Lake-Placid Kurs. Dieses Mal konnte oder musste ich 250 Watt treten und war beim abschließenden 10k Lauf mit glatten 43 Min. deutlich besser unterwegs als die Woche zuvor. In der Ergebnisliste trat wieder das gleiche Phänomen auf. Bis kurz vor Schluss lag ich sogar in Führung. Doch dann tauchten noch zwei Athleten (die gleichen wie in der Vorwoche) auf, die etwas schneller waren. Und das führte dann zur zweiten Erkenntnis, dass etwas Vorwissen bedarf. Die VR Championchip Serie besteht aus vier Rennwochenenden. Für jedes Rennen gab es, je nach Platzierung, Punkte. Es wurden max. drei Rennen gewertet. Die ersten sieben Punktbesten erhielten einen Slot für die IM 70.3WM 2021.

Erkenntnis No2 freundlich formuliert: es bestand für den ein oder anderen ein inhärentes Interesse an guten Platzierungen. Da Ironman keinerlei Abgleiche mit bisherigen Ergebnissen der Teilnehmer zu machen scheint und auch keine Analytik der Rennleistung durchführt, ist die Möglichkeit gegeben, sich selbst und andere zu „irritieren“. Der Sieger der bei beiden Rennen, taucht auf der Ironman Ergebnisseite mit einer Handvoll IM 70.3 Ergebnissen auf - aber keins davon schneller als 5 Stunden. Wieso der dann beim VR auf einmal explodiert ... naja, mir war’s egal, da ich einfach nur den Schweinehund gesucht habe. Und den habe ich ja gefunden. In dem Sinne freue ich mich auf den IM 70.3 Luxemburg 2021.

 

 

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